Laudatio Wolf D. Prix
Eine Rede für Michael Satke zur Verleihung des Goldenen Ehrenzeichens des Landes Wien am 14. September 2016, die ich leider nicht halten konnte.
Mit dem Kopf an der Wand, kommt man durch das ganze Land
Achtung Michael, wenn man in Wien geehrt wird und womöglich noch eine Medaille bekommt, dann ist Gefahr in Verzug. Man bekommt in Wien nur Auszeichnungen, wenn man alt ist und schon die Energie verbraucht hat, um den Wienern noch lästig zu werden.
Man braucht ziemlich lange in Wien um zu entdecken, dass das mit dem „Kopf durch die Wand“ ein Ding der Unmöglichkeit ist. Wenn es in der Bauindustrie dasselbe Material gebe, wie das Material der Lösungskompetenz der Wiener, dann könnte man Gummiwand dazu sagen. Eine Wand die immer nachgibt, aber nie bricht. Kombiniert man diese Gummiwand mit der Typologie des sogenannten Durchhauses – ein öffentlicher Durchgang durch das Gebäude verbindet zwei Straßen und bevor man das eigentliche Ziel im Haus erreicht hat, steht man schon wieder im Freien – dann ist das Wiener Rathaus der Prototyp beider Strategien.
Manche lernen schneller, dass das man mit unauffälligen gemütlichen Warten – also „mit den Kopf an der Wand“ - eher durch das Land kommt. Also immer an der Wand entlang bewegen wäre der Rat. Obwohl bewegen gefährlich ist, man spielt hier in Österreich gerne das Beamten-Mikado-Spiel: Wer sich bewegt hat verloren.
Immer brav dienlich sein, Vorbild ist der Wiener Dienstmann aus Hans Mosers Zeiten. Manche lernen es nie und diese Personen sind meistens Künstler oder Architekten oder Musiker und werden dann posthum als Kulturträger für unser Land bezeichnet.
Ich weiß nicht in welche Kategorie ich Michael Satke einteilen würde. Steht er noch immer an der Wand oder lehnt er schon?
So hab ich ihn kennengelernt den Michael Satke: Stehend schlafend mit dem Kopf an die Wand gelehnt. Fragen sie mich nicht, wo es war, ich weiß aber genau wie spät es war: Es war 4 Uhr früh.
Ich denke man braucht die Kondition und die Energie von Michael um alle diese Widerstände durchbrechen zu wollen, die unsere provinzielle Zwergpudelstadt aufbaut um Leistungen abzuwürgen die zeigen würden, dass das Mittelmaß in Wien tatsächlich ein Mittelmaß ist.
Wenn man sich die List der erfolgreichen und der nicht realisierten Projekte, Objekte, Events - den Weinbauer und Champagner-Erfinder Satke gebührt eine eigene Lobrede - ansieht, kann man schon sehen, dass es Michael sehr schwer hatte all seine Träume zu verwirklichen. Das Magazin Wiener hatte den Wiener Michael Satke in einer Extraausgabe schon gewürdigt. Schmerzlich zu lesen, weil viel in Wien nicht gebaut, nicht gefeiert, nicht anerkannt wurde. Wir sollten das jetzt alles nachholen!
Michael war der erste Auftraggeber der uns Himmelblauen vertraute und dadurch zu Himmelb(l)au machte. Das werde ich ihm nie vergessen.
Michael war und ist großherzig. Ein großzügiger Mann mit großem Herzen.
In der Zeit als unser Auftraggeber, war er romantisch und ungeduldig, energisch und jähzornig, aber er war immer Freund.
Und obwohl er manchmal entgegengesetzt gedacht hatte – er hatte zur Eröffnung des Roten Engels nicht Bob Dylan eingeladen, sondern die Sängerin Ingrid Caven - die er liebte und ich hasste - sind wir immer noch über die langen Jahre Freunde geblieben. Er hat uns so wie viele Künstler gefördert, aber er war nie selbstgefälliger Mäzen, weil er immer von den Sachen die er machte überzeugt war. Und um seinen Freunden zu helfen hat er fast alles getan.
Michael ist vielleicht der bessere Wiener als André Heller, weil er vielfältiger ist und mehr für die Stadt gedacht hat, als an sich selbst.
Ich muss zugeben, dass mir als junger Architekt im Umfeld der Verweigerer wie Abraham, Pruscha, Pichler, Hollein aufgewachsen, diese Vielfältigkeit manchmal zu viel war.
Aber heute sehe ich seine Strategie „mit dem Kopf durch die Wand“ auch wenn man manchmal abgeschüttelt wird, als vorbildhaft für eine neue Generation die davon träumt, dass Leben Bewegung und nicht Stillstand ist.
Ich habe für Dich Michael vor langer Zeit einen Nachmittag mit Dir in der Reiss Bar beschrieben. Es ist ein Stimmungsbild der zeitbedingten Zustände:
6 Uhr am Nachmittag: Die am Nachmittag leeren Räume. Bars. Buffys in Tribeca. Nighthawks von E. Hopper. Der Griff an das Holz.
Die Stütze der Wand. Wenn die Sonne gegangen: Dämmerung und Neonlicht. Stadt. Asphalt. Das hohe Fenster. Das Weiß. Die Härte. Die Schrauben und Nägel. Der Text von W.C.Warden. Das Metallglas von M. Satke.
8 Uhr am Abend: Der Riß im Kopf des Städters.
10 Uhr: Die am Nachbarsittag leeren. Der Nighthawkshölzernen Griffe. Die Wandstützen gegen Sonne. Stadtlicht Dämonig Dämmerung. Dashohenhärtige Fensterschraub. Ders Atkemex. Metallener Griff im Kopf.
1:00 Uhr Früh: Die Sonmetaxgriffhältig Schraubenhäander.
Uhrzeit unbekannt: Der Wämmrige Kopfriß. Überreiß. Michael Satke.
Wolf D. Prix, 2016